Donnerstags im Nationalgestüt Avenches
- Anja Ziehli
Im Schweizernationalgestüt dreht sich alles um die Zucht von Freibergerpferden, Forschung und Entwicklung. Angeschlossen ist das Gestüt der landwirtschaftlichen Forschung Agroscope des Bundes. Es ist ein wunderschönes Kulturgut und ein einzigartiger Ort für Pferde. Auf dem Gestütsgelände befinden sich 14 Stallungen mit je acht Boxen, in welchen Freibergerzuchthengste leben. Auch Freilaufställe, Paddocks und Weiden sind zu finden. Zudem verfügt das Gestüt über zwei Führanlagen, eine Reithalle und einen riesigen Innenhof. Um aber nicht nur den Pferden etwas zu bieten, befinden sich zudem Theorieräume, Pausenräume sowie ein Gebäude mit der kaufmännischen Abteilung auf dem Gelände.
Die Geschichte des Gestüts
Bereits 1874 beschloss der Bund die Errichtung des eidgenössischen Fohlenhofes in Thun zur Aufzucht von Hengstanwärtern. 24 Jahre später wurde das eidgenössische Hengst- und Fohlendepot in Avenches gegründet. 1910 erhielt dieses dann einen Krankenstall, 1927 zogen zehn Freibergerstuten ein. Dadurch wurde das Hengst- und Fohlendepot zu einem Eidgenössichen Gestüt. Rund 30 Jahre später wurde aus dem Krankenstall eine Pferdeklinik und schon erstaunliche zehn Jahre später wurde das erste Fohlen aus einer künstlichen Besamung mit Gefriersamen geboren. Es wurde auf den Namen «Icecream» getauft. Die ersten Gestütshengste erreichten 1980 internationale Erfolge. Knapp vor dem Jahrtausendwechsel wird das Eidgenössische Gestüt zum Schweizer Nationalgestüt SNG. Die Forschungsanstalt Agroscope (Agroscope Liebefeld-Posieux ALP) und das SNG werden 2008 zu ALP-Haras. 2012 wird die Klinik des SNG mit der Pferdeklinik der Vetsuisse Fakultät der Univerisät Bern zum «Institut suisse de médicine équine ISME» zusammengeführt. Unter dem Agroscope führt der Bund nun nur noch eine Forschungsanstalt für die Land- und Ernährungswirtschaft, anstelle aller bisherigen Forschungsanstalten.
Arbeitsvielfalt
Es werden vielerlei Berufe ausgeübt. Beispielsweise kann man Hufschmied in der hauseigenen Schmiede lernen. Auch die Ausbildung zu Fachfrau/-mann Leder und Textil oder umgangssprachlich gesagt Sattler wird in der Sattlerei des Gestüts angeboten. Zudem befindet sich eine Wagnerei auf dem Gelände und natürlich, nicht zu vergessen, das gesamte Personal für die tägliche Bewegung und Pflege der Pferde. Nicht nur die Pferde, sondern auch die Anlage muss gut gepflegt werden. Dafür verantwortlich istdas Unterhaltsfachpersonal. Ein so grosser Betrieb verlangt einen gut organisierten Hintergrund, welcher vom kaufmännischen Personal übernommen wird. Insgesamt arbeiten zirka 40 Personen im Gestüt.
Angebote und Veranstaltungen im Nationalgestüt
Wer mehr über das Nationalgestüt erfahren möchte, kann täglich Führungen buchen, welche mit einer krönenden Kutschenfahrt mit zwei der Freibergerhengste abgeschlossen wird. Aus- und Weiterbildungen sind auf Gebieten wie Richterprüfungen, Fahrbrevet oder Bodenarbeit möglich, sowie natürlich auch auf allen Lehrberufen, die im SNG angeboten werden.
Jährlich wird das Finale der Freibergerpferde auf dem Gelände des Schweizer Nationalgestüts durchgeführt. Alle Pferde, die sich während der Saison qualifiziert haben, dürfen teilnehmen. Viele verschiedene Aufgaben, wie Western, Dressur, Springen und Fahren werden gezeigt. Vortraben und Quadrillen gehören zu der Show am Abend dazu.
Das Highlight ist aber immer wieder: «Donnerstags im Gestüt» oder im französischen: «Jeudi au Haras». Alle Berufe, alle Freibergerpferde und eine riesige Show werden gezeigt. Die verschiedenen Arten des Reitens und des Fahrens werden vorgestellt, es gibt Posten für die Kinder in den verschiedenen Werkstätten und natürlich fehlt auch die Verpflegung nicht. Der Anlass wird von zwei Moderatoren bilingue begleitet. Es ist für jeden etwas dabei und auf jeden Fall einen Ausflug wert!
Forschung
Egal, ob es um Pferdegesundheit, Ökonomie und Soziales, Verhalten, Haltungstechnik, Reproduktion oder Pferdezucht geht; die Profis im Nationalgestüt führen Forschungsprojekte dazu durch. Zu diesen gehören Agronomen, Biologen, Tierärzte (Berufsleute wie auchLernende) und entsprechende Spezialisten. Dabei geht es nicht nur darum, das Wohl des Tieres ständig zu verbessern, sondern auch um die Optimierung von ökonomischen und arbeitswirtschaftlichen Aspekten oder um die Prüfung von Stalleinrichtungen.
ISME
Aus der ehemaligen Pferdeklinik des Nationalgestüts und der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern wurde das «Institut suisse de médicine équine ISME». Die Hauptinteressen des Instituts liegen in der Pferdefortpflanzung sowie in der Pferdemedizin. In Avenches betreibt das ISME ein in der Schweiz einmaliges Reproduktionszentrum, eine Abteilung für Arbeits- und Sportmedizin und ein Rehabilitations- und Fitnesszentrum für Pferde. Wer zudem das Studium des Tierarztes in Angriff nehmen möchte, ist in der Klinik in Avenches sicher gut aufgehoben.