Probleme ans Licht bringen
- Chantal Kunz
Ins Innere unserer Pferde zu sehen bringt oft Klarheit. Daniela Hoffmann macht dies mittels Thermographie möglich. Stressfrei kann sie durch dieses Verfahren Probleme und mögliche Schäden aufzeigen und so eine gezielte Therapie oder das passende Training finden.
Daniela Hoffmann bringt Licht ins Dunkle. Wo andere nicht mehr weiterwissen, kann sie die Ursache für ein Problem finden. Dies kann im Training liegen, am Sattel oder auch im Körper selber. Der Schlüssel zu ihrem Erfolg heisst Equine Thermographie. «Die Thermographie ist ein nichtinvasives, kontaktloses und strahlungsfreies bildgebendes Verfahren, mit dem erhöhte oder verminderte Stoffwechselaktivitäten dargestellt werden können», sagt Daniela Hoffmann. Erhöhte oder verminderte Stoffwechselaktivitäten verursachen erhöhte oder verminderte Wärme, welche mit der Infrarotkamera sichtbar wird.
Je nach Temperatur zeigt sich die Wärme in einer anderen Farbe. Durch diesen Vorgang ergibt sich ein Bild, woraus Daniela Hoffmann eine Analyse ziehen kann. «Ich kann diese Wärmemuster anhand bestimmter Merkmale analysieren und entsprechend interpretieren. Ausserdem kann ich auf Grund meiner thermographischen Ausbildung mögliche äussere Einflüsse und Wechselwirkungen mit anderen (Wärme absondernden) Objekten erkennen und dies zur Auswertung relativieren.»
Klarheit schaffen
Mit Hilfe der Thermographie können Ursachen von Lahmheiten oder Verhaltensauffälligkeiten eingegrenzt, erkannt und gezielt angegangen werden. «Der ganzheitliche Ansatz der Thermographie reduziert teure und aufwändige, zumeist klinische Diagnostikverfahren auf ein Minimum», erklärt die Thermographin.
Ausserdem kann durch dieses Verfahren der Stress für die Tiere möglichst niedrig gehalten werden. Denn Daniela Hoffmann untersucht die Pferde direkt im Stall. Dort sind sie in gewohnter Umgebung und der Stress wie auch der Aufwand eines Transports in eine Klinik bleiben Mensch und Tier erspart. Die Thermographie soll auch Sicherheit geben. Oft pflegt man sein Pferd nach einer Verletzung und baut es wieder auf. Doch die Sicherheit, ob alles wieder verheilt ist, hat man selten. In einem solchen Fall schafft eine Thermographie Sicherheit. Denn sie kann aufzeigen, ob es im Pferdekörper an entsprechender Stelle noch arbeitet oder ob der Heilungsprozess definitiv abgeschlossen ist. Auch beim Sattel herrscht oft Unsicherheit. Passt der Sattel wirklich? Hat sich die Postur meines Pferdes verändert? Mittels Thermographie können schnell und einfach Druckstellen auf dem Pferderücken erkannt werden.
Pferden eine Stimme geben
Daniela Hoffmann nahm vor 40 Jahren ihre erste Reitstunde und ist seither Pferdefrau mit Leib und Seele. «Wer mit Pferden arbeitet, lernt sein Leben lang dazu», ist die Philosophie von Daniela Hoffmann. Ihr Ziel der Thermographie ist es, den Pferden eine Stimme zu geben. Um auch total unabhängig zu sein, therapiert sie selber nicht, verkauft kein Zubehör und passt auch keine Sättel an. Bei einer Sattelpassformanalyse beispielsweise zeigt sie die Druckstellen oder andere Mankos auf.
Sie verkauft aber weder neue Sättel noch Occasionssättel. Sie bietet stattdessen Unterstützung bei der Suche nach dem richtigen Sattel: «Weil ich als Pferdethermographin zwar eindeutig feststellen kann, DASS der Sattel nicht passt, aber noch nicht wirklich dabei unterstützen konnte, einen für Pferd UND Reiter passenden Sattel zu finden, habe ich zusätzlich die Ausbildung zum Pferdeergonomen bei der Saddlefit4Life-Akademie absolviert. Seitdem kann ich neben der thermographischen Feststellung den Reiter effektiv bei der Suche nach einem passenden Sattel für Pferd UND Reiter unterstützen, indem ich mit den ergonomisch ermittelten Daten dem Sattler optimale Anhaltspunkte für Vorschläge liefern und damit die Suche nach einem geeigneten Sattel deutlich erleichtern kann.»
Voraussetzungen
Um ein möglichst genaues und unverfälschtes Bild zu erhalten, sollten folgende Punkte beachtet werden:
Der optimale Ort für eine Thermographie:
- ist trocken (weder durch Regen, Nieselregen noch Nebel beeinträchtigt)
- hat einen trockenen und ebenen Boden
- ist zugfrei
- ist keiner direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt
- liegt nicht in der Nähe eines Solariums
- ist nicht unter grossen Deckenleuchten (es sei denn, sie sind vollständig ausgekühlt)
- hat keine gefliesten Wände
Das optimal vorbereitete Pferd:
- ist trocken, sauber und hat kein verklebtes Fell
- ist nicht gewaschen
- hat Decke und Stallbandagen am besten 2 h vor der Untersuchung abgenommen bekommen
- ist min. 2 h vor Beginn weder Sonne, Wind oder Nässe (Regen, Nieselregen, Nebel) ausgesetzt gewesen
- hat die Mähne eingeflochten, um beide Halsseiten frei zu halten
- ist 3-4 h vor dem Termin nicht in irgendeiner Form bewegt worden (auch keine Koppel, Transport etc…)
- ist zuvor nicht mit Sprays (Fliegen, Schweif, Mähne, Fell etc.) und Hufölen/-fetten gepflegt worden
- hat nicht unmittelbar vorher eine physiotherapheutische und/oder osteopatische Behandlung erfahren
Praxisbeispiel
Die 23-jährige Paloma hat seit Jahren einen Beckenschiefstand. Die thermische Auffälligkeit im Rücken erscheint nicht wirklich gravierend, da über einen langen Zeitraum der Körper den Zustand als «normal» ansieht und die zusätzliche Versorgung wieder reduziert. Es könnte sich daraus aber auch eine Faszienproblematik entwickelt haben, die durch die aus der Schiefe resultierende Fehlbelastung entstanden sein könnte. Die thermischen Auffälligkeiten der Hufe (Sohlen vorne rechts und hinten links mit erhöhter Wärmeabstrahlung im Bereich des Strahls), und vor allem deren diagonales Vorliegen, sprechen für eine Ursache im Rücken. Es sollte jedoch unbedingt tierärztlich abgeklärt werden, dass an den Hufen keine ernsthaft pathologischen Befunde vorliegen. Gegebenenfalls ist es sinnvoll, dass Tierarzt und Physiotherapeut/Osteopath miteinander besprechen, wie vorzugehen ist, um das Thema langfristig für die Stute in den Griff zu bekommen.